Arthur Schopenhauer
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Aus der Chronik einer lebenslangen Freundschaft (das Buch stellte ein Geschenk an die Jugendfreundin dar)
Sommer 1951. Die Spuren des Krieges waren noch allgegenwärtig und vielerorts herrschten nach wie vor Armut und Not, doch eines war allen Menschen gleichermaßen Sehnsucht und Bestreben: diese schlimmen Jahre der Verwüstung baldigst hinter sich zu lassen und tatkräftig in die Zukunft zu blicken. Überall im Lande standen also die Zeichen auf Neubeginn und Aufbruch in eine neue, in eine bessere Zeit..
..Wieder war der Sommer ins Land gezogen und wieder durfte W. ihre Ferien bei Tante M. in Alfeld verleben. Für sie hatte das vergangene Jahr einen neuen Lebensabschnitt gebracht, sie ging nun zur Schule und über all dem Neuen, Aufregenden vergingen die Wochen und Monate wie im Fluge.
Da eines Tages in den letzten Schulwochen, besprachen sich ihre Eltern über W.'s baldigen Aufenthalt in Alfeld und als diese den Namen des ihr lieb vertrauten Ortes vernahm, erstanden in ihr mit einem Male all die bunten Bilder des letzten Sommers. So auch die Erinnerung an ihren Freund R. Die Tage bis zur Abreise wollten schier gar nicht vergehen, so sehr freute sich W. auf Alfeld. Und auf R.
Wieder und wieder fragte sie die Eltern, wann es denn endlich so weit sei und als sie schließlich nach endloser Fahrt der Obhut ihrer Tante überantwortet worden war, schlüpfte sie, nachdem sie diese gebührlich und innig begrüßt hatte, geschwind zur Tür hinaus und noch schneller die Treppen hinab, um sich „ein Weilchen die Füße zu vertreten“. Obschon sie insgeheim von Herzen darauf gehofft hatte, traute sie erst ihren Augen nicht und blieb für einen Augenblick wie angewurzelt stehen, als sie, kaum dass sie aus dem Hause trat, R. gegenüber stand. Er hatte sich gerade dazu angeschickt, just vor Tante M.s Haus sein Fahrrad in Ordnung zu bringen und sah, als er W. erkannte, wohl ebenso verdutzt drein wie sie zuvor. Darüber musste W. nun lachen und dieses unbeschwerte frohe Kinderlachen, aus dem deutlich ihre überschwängliche Wiedersehensfreude klang stellte die alte Vertrautheit der beiden flugs wieder her. Und noch ehe es sich R. versah, hatte W. ihn an der Hand genommen, um ihn bedächtig, wie sie es wohl von ihren kleineren Brüdern gewohnt war, über die Straße zu den gegenüber liegenden Leinewiesen zu geleiten. Diese standen zu jener Zeit in voller Blüte, ringsumher summte und zirpte es und die unzähligen Wiesenblumen verströmten einen betörend würzigen Duft.
Und mitten im sonnendurchfluteten Gras zwei glückliche Kinder, die sich viel zu erzählen hatten. Während sie so beisammen saßen und fröhlich schwatzten, pflückte W. gedankenverloren eine Blume um die andere, aus denen ihre kleinen Finger einen Kranz zu flechten versuchten. Nachdem R. dem noch etwas linkischem Spiel ihrer Hände eine Weile zugesehen hatte, begann er schließlich geduldig, ganz ohne Wichtigtuerei W. bei ihrem Bemühen zu helfen. Geraume Zeit saßen sie also in beredtem Schweigen in ihr gemeinsames Streben vertieft und in diesem langen Augenblick waren sich nicht nur ihre über den Blumen geneigten Köpfe ganz nahe. Schließlich war ihr Werk vollendet und R. setze der überglücklichen W. behutsam die prächtige Blumenkrone ins Haar. Mit geröteten Wangen sah sie dabei andächtig zu ihm auf und in diesem Augenblick wähnte sie R. wohl als Prinz und sich selbst als Prinzessin in einem zauberhaften Märchenreich..
..In der Folge nahmen „Tante Hilda“ und Miss Chappel schließlich auch R. bei sich auf, der von dort aus die über ganz England verstreuten Alfelder Schüler betreute. Die beiden freundlichen „Aunties“ waren W. längst wie einer Tochter zugetan und schon bald schlossen sie auch R. in ihr Herz. Allerdings war es jedes Mal um ihren Seelenfrieden geschehen, wann immer die beiden „Kinder“ durch Scherzworte und Neckereien, eine Kissenschlacht oder eine wilde Verfolgungsjagd quer durch das Haus und nicht selten über Sofa und Stühle, heraufbeschworen, vor allem da diese meist in einem unter prustendem Lachen ausgefochtenen Nahkampf unter Rangeln und Kitzeln endeten.
Auch die abendlichen Spaziergänge durch das Dorf und die umliegenden Felder, behagten den beiden wohlmeinenden Damen ganz und gar nicht. Vielleicht weil sie ob ihrer liebevollen Sorge längst erkannt hatten, was R. und W. in ihrer kindlichen Unbefangenheit noch nicht erkennen konnten oder wollten: dass dieses Zausen und Balgen, all die spielerischen Puffe oder auch die harmlosen Gefälligkeiten, wie Kopfwäsche und Nackenmassage, dass all dies einer noch unschuldigen Sehnsucht entstammte, dem anderen auch körperlich nahe zu sein.
Doch W.s willenstarke Natur ließ es sich nicht anfechten, sie füßelte sogar spaßeshalber während der gemeinsamen Mahlzeiten unter dem Tisch mit R. und erwischte mitunter wohl auch einmal den falschen Fuß..
AUS DER LEBENSGESCHICHTE EINES HEIMATVERTRIEBENEN, DER IN DER NEUEN HEIMAT ÖSTERREICH EINE AUSSERGEWÖHNLICHE ERFOLGSGESCHICHTE SCHRIEB
DIE ALTE HEIMAT
Meine Heimatstadt Haida ist die zweitjüngste Stadt des Okres Ceská in der Region Liberec, im wildromantischen Riesengebirge. Die Industriestadt mit dem Charme einer liebenswerten Kleinstadt liegt zwischen dem südlichen Abhang des Lausitzer Gebirges und des böhmischen Mittelgebirges rund 8 km nördlich von Böhmisch Leipa zu Füßen des Kleisberges. Schon im 18. Jahrhundert wurde Haida zum Zentrum der Porzellanfabrikation, der Glasverarbeitung und des Handels mit den Erzeugnisse aus den Glashütten der Umgebung in Nordböhmen. 1754 war hier die erste Glasverkaufsgesellschaft entstanden.
1869 wurde die Glasfachschule Haida gegründet, die entscheidend an der Entwicklung der böhmischen Glaskunst beteiligt war. Diese Kunstgläser wurden unter anderem über die Wiener Werkstätte in alle Welt verkauft.
Bereits 1930 gab es 68 Unternehmen, welche Handel, Produktion und Veredelung von Glas betrieben.
KINDHEIT
Als jüngstes von sieben Geschwistern, sozusagen als Nachzügler erblickte ich am 17. Mai 1920 in Haida das Licht der Welt. Mein Vater war Beamter bei der Krankenkasse. Die Familie engagierte sich stark in der sozialdemokratischen Partei und war im Ort sehr angesehen.
Meine Mutter war Schneiderin und hatte als solche oft ihre liebe Not mit mir. Denn schon als kleiner Lauser rebellierte ich dagegen, dass sie meine Hosen für meinen Geschmack immer viel zu lang, also nach unten übers Knie anfertigte, ich wollte sie lieber kurz und schneidig haben, wie es damals ja auch die Mode war.
Meine Eltern legten bei allen ihren Kindern sehr großen Wert auf jegliche Art von Bildung und so musste ich im Alter von 9 - 10 Jahren, sehr zu meinem Leidwesen unter anderem auch Geigenunterricht nehmen. Da ich schon immer eine handfeste Abneigung gegen Schul-Unterricht hatte, ließ ich die Geigenstunden das eine oder andere Mal eben ausfallen. Als ich sie nun wieder einmal, auf einer Mauer sitzend, Füße baumelnd und vor mich hin träumend geschwänzt hatte und schließlich wieder nachhause zurück kehrte, fragte mich mein Vater, wie denn die Geigenstunde verlaufen sei. Er hatte nämlich kurz zuvor meinen Geigenlehrer auf der Straße getroffen und wusste somit Bescheid, dass ich sie verbummelt hatte. Arglos und mit dem Gesicht eines Musterschülers antwortete ich: „Ach ja, die Geigenstunde war halt wie immer.“ Diese haarsträubende Schwindelei versetzte meinen Vater, der ansonsten ein gänzlich ruhiger und herzensguter Mensch war, dermaßen in Wut, dass er mit dem Geigenbogen, der noch auf dem Sofa gelegen hatte, energisch auf den Tisch schlug. Und dummerweise geradewegs in die Butter traf. Dieses Missgeschick ersparte mir wohl eine weitere Standpauke, doch meine Hoffnung, dass dadurch auch das leidige Thema Geigenstunden erledigt sei, erfüllte sich zu meinem Bedauern nicht, da mein Geigenlehrer den Geigenbogen mit Shampoo und Kalifornium wieder in Ordnung brachte. Ich ließ daraufhin zwar brav das Schwänzen sein, aber ein gelehrter Stubenhocker wollte halt nie aus mir werden..
SCHULZEIT / LAUSBUBENGESCHICHTEN
Als aufgeweckter Lausbub, der ich zweifelsohne war, übernahm ich oft und gerne die verantwortungsvolle Aufgabe, meinen Mitschülern als abschreckendes Beispiel zu dienen. Mein Schalk im Nacken und mein Erfindungsreichtum, aber auch mein Forscherdrang brachten mich damals immer wieder auf die verrücktesten Ideen, sodass es mir und meinem Kameraden nie langweilig wurde. Zum Beispiel hatte ich mit einem Freund in einem Geschäft für Waffen und Munition Jagdpatronen erstanden, die wir mit Kali und Schwefel füllten, vorne Blei und Sand anbrachten und schließlich mit einem Stein auf den Zünder schlugen, was einen gewaltigen Knall zur Folge hatte. Eines Tages, nachdem wir dieses Experiment wieder einmal unternommen hatten und es auch wieder lustig geknallt hatte, wurde uns der Spaß im wahrsten Sinne des Wortes verleidet, denn bei der Explosion hatten wir die gesamte Ladung Blei und Sand selbst abbekommen und sahen mit unseren roten Sprenkeln auf Armen, Händen und Oberschenkeln noch tagelang aus als hätten wir die Masern. Ich hatte mich an zwei Fingern der rechten Hand verletzt, das Blei war noch gut in der Haut zu sehen und der jüdische Arzt, zu dem mich mein Bruder brachte, wusste sicher sofort, was da geschehen war. Er hätte mich, wie es vermutlich seine Pflicht gewesen wäre, anzeigen können, doch er war einer jener gütigen Menschen, die gern einmal ein Auge zudrücken und war auch dafür bekannt, dass er die armen Leute in der Glasindustrie nicht nur mit seiner ärztlichen Kunst sondern oft genug auch mit einem Stück Butter zu helfen versuchte.
Da ich schon seit jeher der Meinung war, dass man versuchen sollte, jeden Nachteil zu seinem Vorteil zu nutzen, ging ich daran, meinen Verletzungen einen Sinn zu geben, indem ich dem Lehrer erklärte, dass ich zu große Schmerzen habe und deshalb nicht schreiben könne. Seine Reaktion darauf war, dass er mich einmal mehr wie einen Pfingstochsen durch alle Klassen in der Schule führte, um den anderen Kindern zu demonstrieren, was man auf gar keinen Fall machen sollte. Ich hatte jedoch bei so manchem Mitschüler das Gefühl, dass er mich und meine draufgängerischen Taten insgeheim bewunderte und bei Gelegenheit nachzuahmen gedachte.
Ein anderes Mal hatte ich, um eine Schularbeit zu schwänzen, die Idee, mir selbst die Hand einzugipsen. Mit Mullbinde, Wandgips und dem mir eigenen handwerklichen Geschick fabrizierte ich einen Verband, der täuschend echt und schön anzusehen war. Die Attrappe funktionierte auch zunächst, ich hatte mir auch eine schöne Geschichte dazu ausgedacht, wie und was mir da angeblich passiert war. Doch leider war mein damaliger Professor auch ein Nachbar und als er an jenem Tag meine Mutter auf der Straße traf und sie auf meine Verletzung ansprach, bekam meine Mutter einen Riesenschreck. Der Schwindel flog allerdings auch deshalb auf, weil ich mir den doch lästigen Gipsverband bereits einen Tag nach der Schularbeit wieder abgemacht habe. Mein Lehrer wollte partout nicht an eine so rasche Genesung glauben..
JUGEND UND LEHRJAHRE
In meinem dritten Lehrjahr wurde mein Lehrmeister zu einer Schießübung eingezogen und übertrug mir, als ältestem Lehrling, die Aufsicht über die Werkstatt während seiner Abwesenheit. Da unser Betrieb damals keine Gesellen und somit auch keinen so großen Zulauf hatte, war das für mich die Gelegenheit, meine Geschäftstüchtigkeit und meine Gewitztheit unter Beweis zu stellen. So kam ich auf die Idee, den Geschäftsgang dadurch anzukurbeln, indem ich ein Inserat in die Zeitung setzen ließ. Der Text lautete „J.W. Köcher unter neuer Leitung!“, was ja auch der Wahrheit entsprach. Meine Rechnung, mit der Neugier der Menschen zu spekulieren ging voll auf und die halbe Stadt kam, um zu sehen, ob und welche Veränderungen denn da in unserer Werkstatt geschehen seien.
Der Frau meines Chefs war die Sache aber anscheinend doch nicht ganz geheuer und so schrieb sie ihrem Mann und berichtete ihm von meiner Eigenmächtigkeit. Als dieser schließlich von seiner Übung zurückkam, lief er schnurstracks auf mich zu, um mir eine grobe Standpauke zu halten. Doch noch bevor er richtig loslegen konnte, zeigte ich ihm die zusätzlichen Einnahmen der vergangenen Wochen. Mein Chef verschluckte seine harschen Worte, hörte augenblicklich zu schimpfen auf und brummelte etwas von „Hm, nicht dumm!“..
KRIEGSJAHRE
..In Lahr im Schwarzwald war einer meiner Kameraden gestorben und sollte nun feierlich beigesetzt werden. Zusammen mit ein paar Kollegen war ich dem Ehrenkorps als Kranzträger zugeteilt. Während wir nun im Vorpark des Friedhofs auf die Trauergesellschaft warteten, stellte ich den Kranz auf der Wiese ab - direkt in einen Ameisenhaufen. Bei der nun folgenden Trauerfeier musste ich kerzengerade still stehen, während sich unzählige Ameisen auf meinem Körper tummelten. Es war die längste Beerdigung meines Lebens..
..Als ich nun, wieder einmal Wachdienst hatte, hörte ich zur späten Stunde, aus dem Dunkel der Nacht, das mich umgab, plötzlich ein Geräusch als würde ein Mensch mit dem Tode ringen. Eine Art Röcheln und verhaltene Schmerzenslaute - der Ton ging mir durch Mark und Bein. Mein Kamerad, der mich um 1:00 Uhr ablöste, und dem ich von diesem Geräusch erzählte, flehte mich an, ihn nicht alleine zu lassen. Mit dem Gewehr im Anschlag, den zitternden Finger am Abzug harrten wir Seite an Seite aus um, wie sich am nächsten Tag herausstellte, einen Maulesel in Schach zu halten..
Bei einem weiteren Wachdienst, stand ich in einer Hohlgasse, nicht weit von einem Friedhof entfernt, der bei einem Luftangriff förmlich umgepflügt wurde und wo die Särge kreuz und quer aus den Gräbern ragten. Wieder machte mir und meinem Kameraden ein Geräusch zu schaffen. Unheimlich fauchend und scharrend waren es auch diesmal Gott sei Dank nur Fledermäuse, die uns das Fürchten lehrten, doch so harmlos verliefen unsere Einsätze leider nicht immer. Als wir zum Beispiel einmal mitten in der Nacht aus dem Zug stiegen, stolperte ich plötzlich über ein paar Säcke oder etwas Ähnliches. Bei näherer Betrachtung waren es jedoch keine Säcke, sondern die Leichen von drei dunkelhäutigen Menschen, vermutlich Algeriern. Und wie jedes Mal, angesichts des Todes, dachte ich bei mir: so könnte auch ich bald enden..
..Nach einigen Tagen verbreitete sich das Gerücht und damit die Angst unter uns Gefangenen, dass wir von den Amerikanern an die Russen ausgeliefert werden sollten. Wohl, um einen Tumult zu verhindern, hielt daraufhin ein amerikanischer Kommandant eine Ansprache, in der er sich in pathetischer Art und Weise persönlich dafür verbürgte, dass an dem Gerücht nichts Wahres daran sei. Stunden später waren die Russen da und übernahmen alle Flüchtlinge..
..Tags darauf mussten wir in Fünferreihen Richtung Budweis marschieren. Unterwegs übernachteten wir im Freien auf einer Wiese, die sich aufgrund eines ausgewachsenen Gewitters bald in einen Sumpf verwandelte. Jeden Morgen mussten wir zu fünft antreten, da die russischen Soldaten lediglich bis fünf zählen konnten. Als nun eines Morgens einer meiner Kameraden fehlte, nahm ein russischer Kommandant kurzerhand einen Bauern, der zufällig mit seinem Traktor des Weges kam, als Ersatz für den Gefangenen nach Sibirien mit..
..In Lastwagen und schließlich mit der Eisenbahn ging es weiter in die berüchtigte und gefürchtete Gefangenen-Kolonie Sibirien. Kurz vor dem Lager wurden uns Gefangenen, wohl aus Hygienegründen, sämtliche Haare abrasiert. In diesem Moment überfiel mich die Erkenntnis, dass ich mit dem Verlust meiner Haare auch meiner Würde beraubt wurde und bis auf weiteres aufhörte, als Persönlichkeit zu existieren und dass ich fortan nur noch die Bedeutung eines namenlosen Sklaven hatte..
..Leider wurde ich schließlich zum Eisenbahnbau verlegt, wo ich mit anderen Gefangenen eine Trasse vom Moorgebiet in die Stadt errichten sollte. Uns fiel dabei die Rodung von Bäumen, Erdgrabungen und sonstige, Kräfte zehrende Arbeit zu. Dabei stießen wir mit unseren Spitzhacken oft und oft auf steinhartes Eis, die Permafrost - Schicht, die in dieser Region keine Seltenheit war. Aufgrund der widrigen Umstände sowie der primitiven Gerätschaft, die uns zur Verfügung stand, waren wir nicht sonderlich motiviert, deutsche Qualitätsarbeit zu leisten und ich hätte beim besten Willen nicht bei der Jungfernfahrt dieser Strecke im Zug sitzen mögen.
Ein anderes Mal wurden wir in einem Tal dazu eingeteilt, Asbest aus dem Gestein abzubauen. Mit einem kleinen Hammer mussten wir im Akkord die 3-8 mm dünnen Schichten Asbest abklopfen und einsammeln.
In diesem Tal stand der Nebel vom freigesetzten Asbest mannshoch und wir mussten inmitten dieses Nebels schwerste Arbeit verrichten.
Eine weitere Tortur war der Hunger, beziehungsweise die grauenvolle Qualität und das Einerlei unserer Verpflegung. Meist bekamen wir wochenlang nur ein und dasselbe Gericht vorgesetzt: vier Wochen Hirsebrei in Wasser, vier Wochen Erbsen, vier Wochen Bohnen.. Und dazu fades, matschiges Brot. Eines Nachts kam ich auf meinem Weg zur Latrine bei der Küche vorbei und erhielt von einem dort Dienst habenden Arbeiter einen halben Kübel Hirsebrei, der nur aus Hirse und Wasser bestand, geschenkt. Ausgehungert wie ich war, verschlang ich die ganze Ration auf einmal, was ein verheerendes Szenario in meinem Bauch zur Folge hatte. Der Hirsebrei war in meinem Magen aufgegangen und verursachte mir nun stundenlang kolikartige Schmerzen, die erst in den Morgenstunden auf ein erträgliches Maß nachließen. Wie ich später erfuhr, war einer meiner Kameraden, der ebenfalls dieselbe Menge Hirsebrei vertilgt hatte, qualvoll daran gestorben. Das schlimmste jedoch war die Unterkunft in notdürftigen Baracken, die aus einem hölzernen Unterbau bestanden, welcher von oben lediglich mit einer Zeltplane bedeckt war. Bei Temperaturen um die minus 30 Grad mussten wir in unserer dünnen Uniform auf Holzbrettern schlafen. 20 Mann aneinander gekauert, wobei wir im Kampf gegen den Erfrierungstod ein System entwickelt hatten, bei dem die äußeren Kameraden in regelmäßigen Abständen nach innen wechseln und sich wieder aufwärmen oder besser gesagt auftauen durften.
..Eine Frage wurde in diesen endlos langen Wochen und Monaten immer und immer wieder gestellt: „Wann dürfen wir nachhause?“ Die ewige Antwort lautete: „Scoro!“, was soviel bedeuten mochte wie „Bald“, „In ein paar Wochen“ oder aber „Gar nicht“. Anfangs, etwa als nach einigen Wochen ein evangelischer Pfarrer an Blinddarmentzündung starb, bemühten wir uns noch, unsere Toten einigermaßen würdevoll beizusetzen, doch schließlich, auch weil es so viele waren, wurden sie ohne Zeremonie nur noch in Erdlöchern begraben..
Wie sehr all diese Strapazen nicht nur die körperliche Kondition, sondern auch die seelische Verfassung angriff, zeigte sich in einem wahrlich bewegenden Erlebnis: sieben meiner Kameraden und ich waren gerade damit beschäftigt, einen Baumstamm aus dem Wald zu schleppen, als plötzlich, unvermittelt einer von uns aufschluchzte und schließlich bitterlich zu weinen begann. War es die Erschöpfung oder die Hoffnungslosigkeit, jedenfalls, als wäre eine Schleuse geöffnet worden, brachen sich Angst und Verzweiflung Bahn und wir alle - im Kriege hart geschmiedete Männer, gewohnt, auch in Extremsituationen Disziplin zu bewahren und keine Schwäche zu zeigen - ließen unseren Tränen freien Lauf - halfen sie doch, wenigstens einen Teil unserer Verzweiflung fort zu spülen..
AUFBAUJAHRE
Wir hatten in der Baracke anfangs überhaupt nur einen Eisenofen mit Kohlen. Da wir zur Produktion sehr viel Hitze benötigten, wir uns Gas aber nicht leisten hätten können, habe ich selbst eine Gasleitung eingezogen und das Gas am Zähler vorbei abgezweigt. Später, als es uns schließlich etwas besser ging, ließ mir mein Gewissen keine Ruhe und ich ging zum Direktor des Gaswerks, um mein Vergehen einzugestehen. Statt mich anzuzeigen, oder auch nur zu schimpfen, sagte er in freundlichem Ton „Mein Herr, wenn Sie und ich das Geld hätten, was in diesen Tagen an Gas gestohlen wird, wären wir reich!“ So waren die Zeiten damals. Auch, dass ihm mein Ehrenwort, es nicht mehr zu machen reichte, um die Sache für erledigt zu erachten.
Das Gebot der Stunde hieß Eigeninitiative und Improvisation und so stellten wir alles, auch unsere behelfsmäßigen Werkzeuge selber her. Zum Beispiel sammelte ich von einem Müllplatz der Amerikaner Konservendosen ein, aus denen ich mir einen Brenner bastelte. Als einmal ein gewaltiger Hagelsturm sämtliche Fenster und das Dach der Baracke kaputt schlug, musste ich auch hier selbst Hand anlegen, um die Werkstatt notdürftig zu reparieren und wieder wetterfest zu machen, da es sowohl an Geld, als auch an Handwerkern mangelte. Auch die Plakate, auf denen ich die Reparatur von Wasserwagen anbot, hatte ich selbst angefertigt und brachte sie persönlich zu den Eisenhandlungen der Stadt. Ein paar davon befestigte ich auch auf Masten und Säulen, was mir prompt eine Strafe wegen verbotenen Plakatierens einbrachte. Solche Extra-Ausgaben waren eine mittlere Katastrophe, denn noch verdienten wir gerade genug, um mehr schlecht als recht davon leben zu können.
Wenn beispielsweise jemand zehn Waagen zur Reparatur brachte und wir pro Waage zehn Schilling einnahmen, war das ein Großauftrag (die Straßenbahn kostete damals 25 Groschen). Auch mit vielen amerikanischen Besatzungs-Soldaten trieb ich Handel, wobei diese Geschäfte meistens bargeldlos abliefen. Die Bezahlung erfolgte hauptsächlich in Zigaretten, welche wir danach mit Gewinn weiterverkaufen konnten..
..Mit wie wenig wir damals auskommen mussten, demonstriert folgende Geschichte: Ein Bekannter meiner Schwester, seines Zeichens Einkäufer in einer Papierfabrik, hatte eines Silvesterabends auch meine Frau und mich zu sich eingeladen und uns großzügig bewirtet. Obwohl ich mir das Geld dazu leihen musste, wollte ich mich unbedingt revanchieren und so luden wir sie schließlich nach St. Florian zu einem Ausflug in ein Gasthaus ein. Bei jeder Bestellung meiner Gäste überlegte ich bang, ob mein Geld dafür reichen würde. Ich konnte schließlich zwar die Konsumation bezahlen, doch für die Bahnkarten war kein Geld mehr übrig und so mussten meine Frau und ich 2 Stunden zu Fuß nachhause gehen..
RÜCKBLICK
Wenn ich mir mein Leben heute betrachte, muss ich sagen, ich habe mehr erreicht, als ich mir jemals träumen ließ und ich könnte mich jetzt mit einer Flasche Rotwein zurücklehnen und zuschauen, wie die „Jungen“ werken. Aber das liegt mir so gar nicht. Am liebsten wäre ich noch immer von Früh bis Spät in meiner Werkstatt, doch meine 95 Jahre erlauben mir das nur noch stundenweise.
Wenn mich nun jemand nach meinem Erfolgsrezept fragt, so sage ich ihm: ich habe Zeit meines Lebens versucht, von allen anfallenden Arbeiten soviel wie möglich selber zu erledigen und so weit es ging, keine Schulden zu machen, Meine Frau und ich waren immer fleißig, bescheiden und genügsam. Geld ausgeben haben wir nicht „geübt“ und wer in jungen Jahren mit so wenig auskommen musste wie wir, bleibt auch in guten Jahren sparsam..
..Der größte Dank gilt meiner Frau, der großen Liebe meines Lebens, ohne deren Hilfe ich das alles nicht erreicht hätte. Gemeinsam schauen wir zurück auf ein erfülltes Leben. Wir freuen uns an unseren zwei Enkeln und vier Urenkeln und dass wir mit 90 und 95 Jahren noch zusammen sein dürfen..
AUS DER BIOGRAFIE EINES NIEDERÖSTERREICHISCHEN POLITIKERS
(erschienen anlässlich seines 80. Geburtstages)
GEBOREN IN BEWEGTEN ZEITEN
Das Jahr 1938, ein Jahr großer Ereignisse. Im Sudetenland waren deutsche Truppen einmarschiert und hielten es besetzt, Österreich war dem Dritten Reich eingegliedert worden, Otto Hahn und Fritz Straßmann gelang die erste Kernspaltung und Karl Bode flog mit seinem Hubschrauber Weltrekord.
Und noch etwas ereignete sich in diesem geschichtsträchtigen Jahr: weitab vom Weltgeschehen, für die Familie jedoch nicht minder bewegend kam in Schweiggers, einem kleinen beschaulichen Ort bei Zwettl im Waldviertel am 16. Oktober 1938, ein Kind zur Welt.
Damals waren noch Hausgeburten üblich, wo eine Hebamme oder Nachbarinnen der werdenden Mutter halfen, während der junge Vater erst herbei gerufen wurde wenn das Kind bereits geboren war.
Er war ein strammer Bub, der Erstgeborene von Franz und Maria R., und sollte als Stammhalter natürlich den Namen des Vaters erhalten. Vater und Mutter waren Kleinbauern mit einer landwirtschaftlichen Fläche von nur 10 Hektar, was ihnen viel Arbeit abverlangte, um gerade das Nötigste zum Überleben zu erwirtschaften und bei allem Fleiß doch nur für ein karges Leben reichte. Heutzutage wäre eine Landwirtschaft in dieser Größe ohne Zusatzverdienst gar nicht mehr lebensfähig.
In den darauf folgenden Jahren bekam Franz noch zwei Brüder und schon von frühester Kindheit an mussten die Buben bei der Arbeit am Hof fest mit anpacken..
..Als Franz neun Jahre alt war, hielt seine Mutter den Zeitpunkt für gekommen über seine berufliche Lebensplanung nachzudenken. Dabei kamen damals üblicherweise nur zwei Möglichkeiten in Betracht: entweder der älteste Sohn wurde Knecht am heimischen Hof oder er erlernte ein Handwerk. Die Mutter schlug zunächst das Maurerhandwerk vor. Da Franz jedoch seit jeher ein sehr guter Schüler war, eröffnete ihm seine Mutter schließlich noch eine dritte Aussicht, nämlich den Besuch einer höheren Schule.
Da brauchte der junge Franz nicht lange zu überlegen. Er wusste schon damals ganz genau, was er wollte, oder besser gesagt, was er nicht wollte. Zum Maurer fühlte er sich bei aller Achtung vor dem Handwerk nicht berufen, er wollte weiterhin lernen und es zu etwas bringen. Und so entschloss er sich, den außergewöhnlichen, wenn auch beschwerlichen Weg eines Studiums zu beschreiten. Wirklich beachtenswert für die damalige Zeit ist, dass die Eltern bereit waren, ihrem Sohn eine solche Chance zu ermöglichen, obwohl dies große Entbehrungen für die ganze Familie bedeutete.
Und Franz gelobte für sich, das Vertrauen seiner Eltern nicht zu enttäuschen, ihnen Ehre zu machen und immer brav zu lernen..
DER LANGE WEG NACH ZWETTL
Endlich war der Tag gekommen, an dem Vater und Sohn zu einem Vorstellungstermin ins Stift Zwettl geladen waren. Den weiten Weg dorthin legten sie jedoch nicht etwa mit dem Bus oder gar einem Auto zurück, sondern per Fahrrad - bei den damaligen Straßenverhältnissen eine kleine Tagesreise. Außerdem waren die Räder sehr groß und schwer, sodass der kleine Franz kaum die Pedale erreichen und nur mit großer Mühe treten konnte. Gangschaltung gab es auch noch keine und so stellte die Fahrt mit dem Erwachsenenrad durch die bergige Landschaft für den kleinen Buben eine immense Herausforderung dar, die er nur mit äußerster Kraftanstrengung und dem festem Willen, ans Ziel zu gelangen meisterte. Noch oft hat er sich später, wenn ihm eine Sache sauer werden wollte an diese Fahrt erinnert und daraus neuen Mut und Ehrgeiz geschöpft..
STRENGER SCHULALLTAG IM STIFT
Ein Jahr später wurde der inzwischen zehnjährige Franz also stolzer Sängerknabe. Nachdem das Stift Zwettl damals kein Öffentlichkeitsrecht hatte, konnte er jedoch nur drei Jahre seiner Gymnasialzeit hier absolvieren. Alle Prüfungen mussten zudem im fast fünfzig Kilometer weit entfernten Gymnasium in Krems abgelegt werden.
Die Jahre in Stift Zwettl gestalteten sich für den feinsinnigen und freiheitsliebenden Jungen zu einer schwierigen und prägenden Zeit. Der Tagesablauf war streng geregelt: Die Knaben mussten jeden Tag, auch im Winter, um sechs Uhr aufstehen und eine Viertelstunde bei offenem Gangfenster turnen, nur mit einer kurzen, so genannten Klothhose bekleidet. Auch bei Eis und Schnee wurde ihnen abverlangt, mit nacktem Oberkörper im Abteihof zehn Runden um den Brunnen zu laufen. Abschließend mussten die Kinder sich auch noch mit kaltem Wasser waschen. Nach diesem archaischen Morgenritual fand der Unterricht statt und jeden Nachmittag wurde unter der gestrengen Anleitung von Pater Ferdinand gesungen. Dieser war ein cholerischer Mann, der immer wieder, oft aus nichtigem Anlass in Rage geriet und die Knaben bekamen beim Singen „so viele Watschen, dass wir uns jeden Tag gefürchtet haben, wenn die Singstunde angefangen hat.“
Etwas aufgelockert wurde die harte Zeit im Stift durch die Novizen Pater Augustin, Pater Hugo Pold und Pater Franz, die in den Pausen vor und nach dem Mittagessen immer wieder kleine Ausflüge mit den Knaben unternahmen. Bedenkt man, dass die Schüler die meiste Zeit ohne die Fürsorge von Vater und Mutter auskommen mussten, so kann man sich vorstellen, wie dankbar sie für jede freundliche Zuwendung waren.
Auch im Pfarrer von Schweiggers, Pater Quirin Pinner, einem sudetendeutschen Flüchtling fand Franz einen freundlichen Unterstützer, indem dieser nach der dritten Klasse Gymnasium seinen Übertritt ins Internat nach Melk veranlasste, wo Franz schließlich auch maturierte.
Anders als heute hatten die jungen Leute damals kaum die Möglichkeit, Ihre Zeit frei zu gestalten, sie mussten den ganzen Tag im Internat verbringen und bis zum Abend lernen. Nur in der Zeit vor der Matura gewährte man den Burschen das Privileg von etwas Freizeit und bewilligte ihnen nach Mittag einen Ausgang zu zweit. Franz dachte oft, wie schön es wäre, so wie andere Mitschüler die Mittel zu haben, um diese Nachmittage voll auskosten zu können, wobei sich seine damaligen Herzenswünsche für heutige Verhältnisse sehr bescheiden ausnahmen: „Einmal möchte ich es mir leisten können, an einem Sonntag eine Zeitung zu kaufen, am Nachmittag auf den Sportplatz und womöglich am Abend ins Kino zu gehen.“ Doch Franz wusste, dass der Ertrag aus dem elterlichen Zehn-Hektar-Betrieb kaum reichte, um überhaupt das Internat zu bezahlen und dass sich die Familie sein Studium wirklich vom eigenen Behagen absparte. Sein Vater sagt oft: „Ich kann nicht ins Wirtshaus gehen - so ein Monat geht so schnell vorüber und wir müssen schon wieder das Schulgeld bezahlen.“
STUDIUM IN WIEN
Nach der Matura stand der junge Franz R. vor der Entscheidung, was er studieren sollte. Zunächst überlegte er, Priester zu werden und in das Kloster in Zwettl einzutreten. Da ihm der Gehorsam jedoch schon damals äußerst schwer fiel, entschied er sich dagegen, obwohl ihn der Religionslehrer Pater Adolf beharrlich mit Briefen umwarb.
Schließlich fiel seine Wahl auf ein Jus-Studium in Wien, da er sich schon immer gerne für andere Menschen eingesetzt hat und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn besaß..
..Seinen Lebensunterhalt verdiente sich Franz neben seinem Studium mit Nachhilfeunterricht in Griechisch und Latein, aber auch indem er nächtelang am Wiener Westbahnhof „Packln schupfte“. Trotz aller Anstrengung waren die wirtschaftlichen Umstände furchtbar trist und der Hunger war ein ständiger Begleiter. Im ersten Semester aß Franz meistens Frühstück, Mittagessen und Abendessen in einem und die Mahlzeit für einen Tag bestand oft nur aus einer Knackwurst und einer Semmel.
Noch heute erinnert er sich lebhaft an seinen ersten Ball mit einer Freikarte von der Hochschülerschaft: Im schwarzen Anzug, den ihm seine Eltern für die Matura gekauft hatten fuhr er mit der Straßenbahn zum Sophiensaal, wo die Veranstaltung stattfand. Als er sich jedoch an der Garderobe im Spiegel sah, erschrak er vor sich selber und dachte: „Da schaut mich der Tod an.“ Er war so bleich und dürr, dass er sich schämte. Bedrückt ließ er sich seinen Wintermantel gleich wieder aushändigen und fuhr nachhause. Das war sein erster Ball..
IMMER EIN OFFENES OHR
..Es gab keine Lebenssituation, die nicht an Franz R. herangetragen wurde und immer wieder erlebte er auch Vorsprachen, die mit seinem eigentlichen Aufgabenbereich gar nichts zu tun hatten. Sogar Rechtsfragen, mit denen sich im Grunde die Gerichte befassen hätten müssen. So zeigten ihm manchmal verzweifelte Frauen ihre Striemen von den Schlägen ihrer Männer, in der Hoffnung, er möge ein Machtwort sprechen.
Zur damaligen Zeit war die Frau abhängig vom Mann und im landwirtschaftlichen Bereich die alte Generation von der jungen. Es gab damals ja weder Sozialversicherung noch Krankenversicherung und so ließen sich die Altbauern einen „Ausnahm“ schreiben wenn sie auf ihr Altenteil zogen. Häufig ging es bei den Vorsprachen also auch um Konflikte bei der Hofübergabe. Es entstanden oft regelrechte Feindschaften zwischen Alt und Jung in den Familien, was mitunter sehr grausam ablief..
..Die Waldviertler haben eine ganz eigene Mentalität. „Herrenbauern“ werden sie genannt, weil sie so autoritätshörig sind. Im Waldviertel waren die Bauern aufgrund der klimatischen Verhältnisse und der Tradition grundherrschaftlicher Betriebe über Jahrhunderte abhängig von Autoritäten, namentlich von den Grundherren, das heißt wenn man nicht pariert hat, konnte man nicht überleben. Das hat die Mentalität der Menschen geprägt.
In Tirol beispielsweise waren die Bauern seit jeher freie Menschen. Sie waren nie einer Grundherrschaft untertänig, sondern haben immer für sich selbst gesorgt, sich selbst verteidigt. So entwickelte sich dort ein stolzer und streitbarer Menschenschlag. Da traut man sich als Bürgermeister schon auch einmal offen gegen den Landeshauptmann zu wettern. In Niederösterreich hingegen wird der Kopf eingezogen und devot gegrüßt..
..Erst in den letzten Jahrzehnten wuchs mit der Möglichkeit, auch ohne ausreichende finanzielle Mittel eine höhere Schule zu besuchen auch im Waldviertel eine freie, selbstbewusste Bauerngeneration heran. In Franz R.s Kindheit war das jedoch noch nicht der Fall. Er musste noch erleben, dass die Klosterverantwortlichen große Unterschiede zwischen den Schülern machten, je nachdem, ob der Vater ein Arzt, ein Rechtsanwalt, ein Hofrat oder ein Kleinhäusler aus dem Waldviertel war..
VERDIENTE RUHE
..Bei der Wahl zum Landtagsabgeordneten im Jahr 1998 wurde R. erneut einstimmig vorgeschlagen, hatte seiner Frau jedoch schon bei der Wahl vor fünf Jahren versprochen, dieses Mal nicht mehr zu kandidieren. So bedankte er sich für das Vertrauen und gab gleichzeitig bekannt, nicht mehr zur Wiederwahl zur Verfügung zu stehen. Immer öfter zeigte ihm schließlich ein vages Herzflimmern auf, dass es allmählich Zeit wurde, etwas leiser zu treten. Doch obwohl er sich oft vorgenommen hatte, mit der Gemeindearbeit aufzuhören, beendete er seine Laufahn als Bürgermeister doch erst nach 23 Dienstjahren. Bis zum Ende seiner aktiven Zeit hielt er Sprechtage ab, die letzten im Jahr 1998..
DIE ROTE KAULQUAPPE
Sie war schon eine Wucht, diese außergewöhnliche, weil rote Kaulquappe. Jedenfalls war das die Meinung fast aller, die mit ihr in jenem großen Tümpel lebten. Demnach war sie Mittelpunkt in jeder Gesellschaft - sofern sie wollte! Denn zuweilen gab es Momente, in denen sie der vielen Komplimente und Schmeicheleien überdrüssig war und sich dann meistens in einen hohlen Baumstamm zurückzog, um sich von den faszinierten Blicken, der schwärmerischen Ergebenheit und der schmelzenden Verehrung der anderen zu erholen.
„Grässlich!“ seufzte sie dann jedes Mal theatralisch wie eine geplagte Diva. „Welch klebrig heuchlerische Welt!“, genoss daraufhin ein paar Tage des nicht vortäuschen müssen, lächelte geschmeichelt über die zahlreichen Bemerkungen wie trist die Welt doch ohne sie sei und kehrte früher oder später doch wieder zu ihren „Freunden“ zurück.
Nun hatte sie ihre prächtige Farbe aber nicht von jeher, es war auch kein Geschenk des Himmels, sie hatte sie vor vielen Jahren ganz einfach eingetauscht. Und zwar gegen ihre Fähigkeit zu lachen. Gewiss, sie besaß auch weiterhin ihr charmant strahlendes Lächeln, doch - so lautete die Abmachung: jenes Lachen, das vergnügte ursprüngliche einfach-so-Lachen würde ihre äußere Besonderheit augenblicklich zunichte machen.
Anfangs war sie mit diesem Handel mehr als zufrieden gewesen und sie dachte auch einstweilen nicht im Traum daran ihn rückgängig zu machen. Doch weshalb die immer häufigere Flucht und vor allem wovor? Unfähig einen Grund für ihr wachsendes Unbehagen zu finden setzte sie ihr so-tun-als-ob fort. Doch während es früher die anderen waren, denen es eine Rolle vorzuspielen galt, war es jetzt sie selber, der sie etwas vorzutäuschen versuchte um die Unruhe und die Frage nach dem Sinn dieser Art von Leben erst gar nicht aufkommen zu lassen.
Als sie sich nun eines Tages wieder einmal in ihr Versteck zurückgezogen hatte, nachdem sie die angebliche Bewunderung der anderen mehr und mehr als bloßes Geplänkel erkannt hatte, machte sie plötzlich die ziemlich schmerzhafte Entdeckung, dass man in Wahrheit ganz gut ohne sie auskam, dass sie, die Kaulquappe an sich von den anderen unbeachtet und unerkannt geblieben war und das es nur noch eine Frage der Zeit sein würde, wann ihr doch so wundervolles Rot endgültig seine Faszination verlieren würde. Ihr Selbstmitleid war anfangs grenzenlos, doch plötzlich fühlte sie wie sich ein erleichtertes, ein alles überschwemmendes glucksendes Gefühl in ihr ausbreitete. Und als sie dann dicht unter der Wasseroberfläche den Sonnenstrahlen zusah, wie sie auf den Tümpel zu tanzen schienen begann sie auf einmal zu lachen. D.h. es war mehr ein zufrieden glucksendes Grinsen und sie liebte es wieder zu lachen, sie liebte das Leben und sie war einfach glücklich, die außergewöhnliche SCHWARZE Kaulquappe.
HUND UND KATZ’ UND MAUS
S’ war mal ein großer, kuscheliger Hund, eine Art Bernhardiner oder so, und eine kleine, ziemlich kokette Maus, die aber eigentlich nur deshalb so mordsmäßig große Töne spuckte um von ihrem „etwas“ ramponierten Aussehen abzulenken..
..Jo - und irgendwann, so ganz zufällig, wie es eben manchmal passiert, stolpern die beiden übereinander.
„Hopala!“ denkt sich der große Wauwau und beschnuppert ihn erst einmal, diesen merkwürdigen Winzling. „Wow!“ piepst die Maus „so viel flauschiges Fell!“..
..Und obwohl sich die Maus anfangs noch dagegen sträubte und dementsprechend zappelte, hievte er sie schließlich kurzerhand doch ins Warme - irgendwo in seine Herzgegend..
..Das war vielleicht eine Prozedur den Hund überhaupt erst einmal wach zu kriegen!
„Hmm?“ brummte er noch ganz verschlafen.
„Eine Ka-Ka-Katze!!“ stammelte die Maus und riss ängstlich ihre Augen auf - weiter als sie selbst groß war.
„Na und, was ist mit der Katze?“ fragte er, ehrlich ahnungslos.
„Bitte bitte, mach dass sie abhaut!“ bettelte sie.
„Warum denn, die ist doch ganz harmlos?!“ er sah wirklich kein Problem.
„Aber nicht für MICH!!“ ereiferte sie sich..
„Du siehst das alles viel zu dramatisch!“ machte er dieser, doch wirklich unnötigen und langweiligen Unterhaltung ein jähes Ende und bevor sie noch irgendetwas darauf sagen konnte, war er kopfschüttelnd schon wieder eingeschlafen.
„Er versteht mich nicht!“ ließ die Maus den Kopf hängen und - wie sollte er auch, ich mein wie soll sich bitte ein Hund in die Lage einer Maus versetzen können?..
..„Salü!“ sagte sie „ich gehe!“ wie um sich selbst den Befehl zu erteilen.
„Wenn du meinst..“ brummte er, denn sein Stolz war noch größer als sein Herz und seine Klappe. Und weit würde sie eh nicht kommen, hoffte oder nein, vermutete er und das zu Recht. Denn schon nach ein paar bleischweren Schritten fing die Maus wieder zu zittern an, sie fror erbärmlich mit ihrem Stoppelfell und dann genügte ein treuherziges „Na komm schon!“ von ihm und sie war mit einem Satz wieder in ihrem Nest. Und wieder vertschüsste sich die Maus, diesmal für immer. Und wieder kam sie zurück..
W. UND DAS CHRISTKIND
(Ein Kinderbuch als Andenken an die Großmutter nach deren Erzählungen aus dem Jahr 1937)
Es war Winter im kleinen Dörflein Kapfenstein. Die Welt sah aus wie in Watte gepackt, Schnee soweit das Auge reichte und manche Bäume bogen sich bis auf die Straße, so viele Schneeflocken hatten sich in den vergangenen Tagen auf ihre Äste gesetzt. Oft wehte ein so frostiger Wind daher als würde dir jemand keck in die Nase zwacken und wenn diese Schneeflocken dann von der Wintersonne angelacht wurden, dann lächelten sie zurück und funkelten wie tausend Edelsteine. Ja früher, das waren noch richtige Winter! Die Kinder spielten vergnügt im kalten Weiß, bauten Schneeburgen, Eishöhlen und Schneemänner mit Strohsternen als Augen. Besonders Mutige rutschten kühn auf dem zugefrorenen Weiher und so manches Mal gab es eine ausgelassene Schneeballschlacht.
An einem Freitag, es war der letzte Schultag vor den Weihnachtferien und gleichzeitig Heilig Abend, der 24. Dezember gingen die Kinder aufgeregt plaudernd von der Schule nachhause. Sie konnten es schon gar nicht mehr erwarten bis zum Abend und jeder schwatzte eifrig von den Geschenken, die er sich zu Weihnachten erhoffte. Auch die kleine W. war voller Vorfreude auf das Weihnachtsfest. Allerdings nicht wegen der Geschenke. Vielmehr wünschte sie sich ganz innig, heute, am Heiligen Abend endlich das Christkind zu schauen von dem die Erwachsenen seit Wochen immer wieder gesprochen hatten. „Was, Du glaubst doch nicht etwa an das Christkind?, lachten die Schulfreude über ihren Wunsch, das Christkind zu sehen. Doch die kleine W. ließ sich ihre Zuversicht nicht nehmen. Mit roten Wangen und blanken Augen lächelte sie froh vor sich hin..
Am Abend, kurz bevor es dunkel wurde durfte W. mit ihrem Vater zu den Großeltern spazieren. Es war der alljährliche Weihnachtsbesuch. Dick eingemummelt stapften sie im tiefen Schnee durch den dämmrigen Wald.
„Hallo, kleine W.“, lachte der Großvater zur Begrüßung und fragte: „Na, bist du denn noch gar nicht im Bett?“ „Nein, denn ich möchte doch heute das Christkind sehen“, entgegnete W. Von der langen Wanderung war sie müde geworden und kaum dass sie es sich im großen Lehnstuhl gemütlich gemacht hatte, war sie auch schon eingeschlafen.
Bald aber wachte W. wieder auf. Sie war einfach zu aufgeregt, denn es konnte ja nicht mehr lange dauern, bis das Christkind endlich kam. So machten sich W. und ihr Vater auch bald wieder auf den Weg nach Hause, wo die Mutter mit warmen Keksen auf sie wartete. Im Wald, der jetzt schon ganz dunkel war, leuchtete ihnen der warme Schein der Laterne den Weg. Aber plötzlich wehte der Wind so heftig, dass die Kerze erlosch und sie nun im Dunkel weiterstapfen mussten. W.s Schuhe waren schon alt und ziemlich durchnässt. Und W. war furchtbar müde.. Aber da, zwischen Wachen und Träumen sah sie auf einmal direkt vor sich eine Gestalt im schneeweißen Engelsgewand und mit langen blonden Haaren, so groß und hell wie ein Stern. W. wusste sofort, das muss das Christkind sein. In der linken Hand hielt es einen kleinen Christbaum, geschmückt mit Äpfeln, in der rechten einen weißen Pudel als Weggefährten. „Hallo, liebes Christkind!“ jubelte W. aufgeregt und fragte dann erwartungsvoll „Kommst du mich denn heute besuchen?“ „Natürlich, liebe W.!“ sagte das Christkind mit glockenheller Stimme. Alle Kinder, die an mich glauben und die von mir erzählen, besuche ich jedes Jahr zum Weihnachtsfest. Und jedes Jahr erfülle ich Ihnen allen einen besonderen Wunsch.“ Schließe deine Augen und wünsche dir etwas! Ich werde es erfüllen.“ Nur ganz kurz schloss W. ihre braunen Äuglein, und dachte nach, dann rief sie freudig „Ja, Schuhe, neue Schuhe!“ Doch als sie ihre Augen wieder öffnete, war das Christkind verschwunden..
„Hast Du das eben gesehen, Vati?“, zog W. am Hosenbein ihres Vaters und stotterte: „Da.. da...war eben das Christkind und hat mit mir gesprochen. Hast Du es denn nicht bemerkt?“ W.s Vater lächelte nur und meinte: „Es ist schon sehr spät, ich glaube Du musst ins Bett, du träumst ja schon.“ Doch W. glaubte ganz fest an ihre Begegnung mit dem Christkind. Müdigkeit und durchnässte Schuhe waren vergessen, sie wollte nur so schnell wie möglich nachhause, nachsehen, ob das Christkind auch tatsächlich bei ihr gewesen war.
„Mama, Mama! Ich hab das Christkind gesehen“, lief die kleine W., kaum zuhause angekommen schnurstracks zu ihrer Mutter in die Küche. Und da plötzlich erblickte sie ihn: einen Weihnachtsbaum, fast so groß wie die Bäume im Wald, geschmückt mit leuchtend roten Äpfeln, glänzenden Walnüssen und herrlich duftenden Lebkuchenstücken. So etwas Wundervolles hatte W. noch nie erlebt, der schönste Weihnachtsbaum stand in ihrem Zimmer, gleich neben Ihrem Bett.
Als nun W. nach dem ersten Staunen ein Stück vom Leben Kuchen erhaschen wollte, entdeckte sie am Boden unter dem Baum eine kleine rote Schachtel. „Für meine liebe kleine W.“ stand darauf. In W.s Augen schimmerten Freudentränen und als sie das kleine Paket geöffnet hatte, erstarrte sie vor Glück. Sie erblickte funkelnagelneue braune Schuhe, die wunderschönsten die es überhaupt geben konnte.
W.s Wunsch war also Wirklichkeit geworden. Jahrelang hat sie ihre neuen Schuhe getragen. Doch die größte Freude für W. war, dass sie als einzige von ihren Freunden das Christkind gesehen hatte.
AUSZÜGE AUS EINER BROSCHÜRE ZUM THEMA PSYCHOLOGISCHE GRUNDPRINZIPIEN
„Nicht die verletzenden bzw. überfordernden Situationen an sich führen zum Trauma, sondern der Zwang, die adäquaten Gefühle (Angst, Wut, Trauer..) unterdrücken zu müssen. Eingestandene Ressentiments, die eben deshalb kontrollierbar bleiben, schädigen niemanden. Ein unterdrückter, früher oder später eskalierender Gefühlsstau mitunter schon.“
„Unter „Wiederholungszwang“ versteht man den von der Psyche ausgehenden Mechanismus, traumatische Erlebnisse in der Kindheit, meist mit vertauschten Rollen immer wieder neu zu inszenieren, um die damals verdrängten Gefühle zu bearbeiten, also nach zu erleben und diese „Schatten“ zu integrieren. Nur so kann es gelingen, den damaligen Schmerz auszuheilen und die abgetöteten authentischen Gefühle zu reaktivieren.
KONZEPT FÜR EINE BROSCHÜRE ÜBER EINEN ERFOLGREICHEN LINZER BADMINTON CLUB
TITEL: PUSH!
UNTERTITEL: Badminton. Leben.
GRUNDGEDANKE: Wettbewerbs-Sportler (und solche, die es werden wollen) zu ermutigen, aber auch Nicht-Sportler zu motivieren, die Herausforderung „Leben“ anzunehmen
KAPITEL
AUFSCHLAG / SERVE
Wie alles begann
Inhalt: Einleitung, die Ausgangssituation (Badminton - ein Softgum?)
FEINTS
Nie den Ball / das Ziel aus den Augen verlieren!
Inhalt: Schwierigkeiten und Zweifler
Botschaft: seine Überzeugung leben
SATZ FÜR SATZ
Spielaufbau
Inhalt: Organisation und Strukturierung des BSC 70
Botschaft: Man darf nicht glauben, alles sofort und alles auf einmal zu schaffen
(es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen)
FAULTS
Nur Mut - dranbleiben!
Inhalt: Rückschläge und Gegenwind
Botschaft: Lerne Hindernisse als Chance zu sehen dich zu verbessern - wecke deinen Killerinstinkt!
MATCH
Spaß an der Freud
Inhalt: Anekdoten, Unterstützer, der „Kick“ am Badminton
Botschaft: Nur was man gern macht, macht man gut
DRIVE
Spiel auf Sieg
Inhalt: Die Erfolgsstory (Siege, Preise, Honorationen)
Botschaft: Yes, you can!
IN FRÖHLICHER RUNDE
„Sich wiederseh’n, ein Fest begeh’n,
sich immer noch wie einst versteh’n.
An einem lauen Abend, froh, sich wiederhabend.
Ein gutes Essen, ein edler Wein.
Ein Singen, ein Schwingen und glücklich sein..“
AUSZUG AUS EINEM BEGLEITGEDICHT ZU EINEM WEIHNACHTSGESCHENK
(einer antiken gusseisernen Türglocke)
Süßer die Glocken nie klingen
als zu der Weihnachtszeit?
Ich glaub, wenn GÄSTE sie schwingen,
dass DICH das noch mehr freut..
..Und weiters soll die Glocke hier
Ein glückliches Jahr einläuten
Und jedes Bimmeln möge Dir
eine gute Zeit bedeuten!
AUSZUG AUS DEM BEGLEITGEDICHT ZU EINEM GEBURTSTAGSGESCHENK
(einer edlen Flasche Wein und einer Kalligrafie-Feder)
FLASCHENPOST
..Die Flasche endlich leer getrunken
wird mein Denken wie das Meer
still und tief in mir versunken
wogt es hin und her.
Aus meiner Seele rauschen Bilder
und umtanzen mein Gesicht
und der Sturm in mir wird wilder
da - es kreißt und wird - Gedicht..
..Doch was soll es in der Tasche?
fragt der Menschenfreund nun weise
steckt es in die leere Flasche
und schickt es auf die Reise..
AUSZUG AUS EINEM BEGLEITGEDICHT ZU EINEM HOCHZEITSGESCHENK
(einer Übernachtung im Ennser Stadtturm)
..Hand in Hand beschwingt nach oben
in den fest gefügten Turm.
Aller Erdenlast enthoben,
geborgen vor dem Lebenssturm..
„Viel zu viel und doch viel zu wenig, manches zu oft und das Wichtigste zu selten wurde in diesen 253 Tagen von uns gesagt und getan.“
„Was war das für eine wundervolle Nacht, in der unsere Beziehung geboren wurde.“
„Kann sein, dass ich den Verlauf des heutigen Abends ein wenig zu düster sehe.“
„Kann sein, es liegt wirklich nur an dem Tohuwabohu, das dich momentan in Atem hält, aber dass du mich nicht zum Bleiben aufgefordert, um nicht zu sagen hinaus komplimentiert hast, weckte so manche böse Erinnerung aus dem Dornröschenschlaf, die mir ein ironisches „Wieder einmal!“ entgegen höhnte.“
„Ich habe schon so viele Züge abfahren sehen und kenne deshalb den kleinen Ruck, mit dem sie sich in Bewegung setzen. Und eben weil ich weiß, wie scheußlich das Gefühl ist, auf dem leeren Bahnsteig zurückzubleiben, versuche ich nun, diesem Ruck zuvorzukommen und zu gehen bevor mir ein gleichgültiges „Türen schließen!“ alle Hoffnung, dieser eine würde bleiben, nimmt.“
„Noch sträubt sich etwas in mir, das Ende zu akzeptieren, noch hoffe ich darauf, dass das Läuten des Telefons diesen Brief zerreißt..“
„Ich bin dir nicht böse, dazu war unsere Freundschaft nicht konkret genug (und das war es vermutlich auch, was ihre Faszination ausmachte). Und doch hat der gestrige Nachmittag diese Besonderheit doch einigermaßen angekratzt.“
„Ich wollte mit diesem Brief nur klarstellen, dass es mir nicht nur dein Körper, die obere Hautschicht sozusagen angetan hat, sondern auch deine Art, dir Gedanken zu machen, deine positive Art und deine Herzlichkeit.“
„Das ist kein Liebesbrief - so wie wir kein Liebespaar sind. Nicht mehr. Denn unsere Liebe war immer mit viel Schmerz verbunden. Wir beide sind wie Hund und Katze und ich weiß schon nicht mehr, wer Hund ist und wer Katze. Tatsache ist, ich möchte wieder nur ich selber sein.“
„Ich wollte dir nur sagen, dass ich nie mehr jemanden so lieben werde wie dich. Niemals werde ich dich vergessen, du wirst ein Teil von mir bleiben und ich möchte dir hiermit danken für all die Stunden, die ich mit dir verbringen hab dürfen und die mir so viel gegeben haben.“
„Tut mir leid, wir hätten unsere Beziehung auch anders beenden können - findest du nicht? - Anders oder auch gar nicht.“
„Mein Antrag auf eine Verschnaufpause war kein Versuch, mich heimlich davon zu stehlen, um mich so aus der Affäre zu ziehen - im Gegenteil! Ich habe versucht, dir meinem momentanen Situation zu erklären, die sich in etwa mit der vergleichen lässt, wenn du manchmal so todmüde bist und einfach nur schlafen wolltest. Soll heißen, ich bin zurzeit ganz einfach emotional geschwächt und hätte nur mal ein bisschen Ruhe gebraucht um mich erholen zu können. Es tut mir leid, dass du diese Erklärung, mit der ich eigentlich unsere Beziehung retten wollte in die falsche Kehle bekommen und sie offensichtlich missverstanden hast. Leider erst im Nachhinein ist mir klar geworden, wie du das alles interpretiert haben dürftest.“
„Ich weiß, dass eine Freundschaft sobald nicht möglich sein wird, aber was ich dir mit diesem Brief vor allem sagen wollte, ist, dass ich es verdammt schade finde, wie unsere Beziehung im scheußlichen Sinn des Wortes in die Brüche gegangen ist.“
„Es tut mir leid, dass ich heute wieder absolut keine Zeit für dich hatte, aber es war leider nicht anders möglich. Deine liebe, kurze Nachricht auf meinem Schreibtisch hat mich sehr gefreut und von einigen Bedenken befreit. Ich hoffe, du kannst verstehen, dass mich deine Worte gestern sehr verwirrt und auch traurig gemacht haben, weil ich irgendwie das Gefühl hatte, dass du nicht nur einen, sondern viele Schritte zurückgehen willst.“
„Natürlich kann ich es nicht ändern und akzeptiere deine Entscheidung, aber ich möchte dir nur sagen: ich habe dich ganz ganz ganz schrecklich lieb, bin wahnsinnig gerne zusammen mit dir und ich merke erst jetzt, wo du so lange (einen Tag) nicht da bist wie stark du mir abgehst und dass ich gar nicht so richtig froh sein kann, wenn ich dich nicht in meiner Nähe habe.“
„Ich war so fest davon überzeugt, dass dieses merkwürdige, undefinierbare Etwas zwischen uns schließlich doch auch die üblichen Abnutzungserscheinungen zeigen würde. Das ist wie eine Schönwetterphase nach einer endlos langen Regenzeit, wo man jeden Morgen fragend aus dem Fenster schaut und denkt „Nanu, noch immer keine Wolken?“
„Und jetzt sitze ich hier und weiß gar nichts mehr, außer, dass mir etwas fehlt.“
„Möchte Sie dir wegnehmen diese eine Nacht, mit der du ja doch nur deine Eitelkeit polierst.“
„Wärest du wirklich so überlegen, wie du es immer wieder demonstrierst, müsstest du es nicht ständig demonstrieren.“
„Ich habe Angst, du könntest irgendwann wirklich so werden wie du behauptest zu sein.“
„Bitte vergiss nie, dass es da einen Menschen gibt, dem du ganz schön den Kopf verdreht hast. Dieser Jemand würde dich auf Händen tragen, dich in seine Arme nehmen wenn du traurig bist und – he would move mountains if you ask him to!“
„Deine funkelnden Augen und dein bezauberndes Lächeln kann ich einfach nicht vergessen und du könntest mir einen Wunschtraum erfüllen, wenn du es mit mir versuchen würdest! Ich werde dich nicht enttäuschen!
„Dezember2005 - mindestens 100 Jahre seit „damals“, aber ich hab dich nicht vergessen..
„Ok, ich hab’s versucht. Hab versucht, es wie immer bisher alleine zu schaffen, wenigstens einen Schlussstrich zu ziehen, aber ich kann es nicht - nicht so.
„Wollte einfach nur, dass du das alles weißt und würde so gerne wissen, ob du ok bist. Nur das!! Bitte!
„In meinem Kopf sieht es aus wie in einer kräftig geschüttelten Schneekuppel.
„Ich finde dich toll und mag dich immer noch, keine Frage, aber unsere „Beziehung“ ist ein Krampf (ein ziemlich schmerzhafter nebenbei bemerkt) und Krämpfe kann man eben nur auf zwei Arten lösen: entweder durch Behandlung - da sagst du „Nein“ oder durch Amputation. So einfach ist das! Und überhaupt nicht theatralisch. Nur halt ein bisschen schade..
Petra Huemer, p.huemer@a1.net, Tel. 0676 916 4 619, A-4040 Linz